ARZBERG Exkurs
Das Bergbaurevier Arzberg-Röthenbach
Die Verhältnisse im einstigen Arzberg-Röthenbacher Revier sind in der Monografie von Ernst Schmidtill (1963) ausführlich beschrieben.
Die Lagerstätte, die an den Marmorzug gebunden ist, ist zwischen Röthenbach und Arzberg zweigeteilt in einen südlichen und einen nördlichen
Erzzug (entsprechend zweier Marmorzüge). Das Profil der unten gezeigten Karte zeigt zwei voneinander getrennte Marmorlagen, die durch einen
Phyllitrücken getrennt sind. Marmor und Phyllite fallen mit 70 - 80° nach Südwesten ein. Der Phyllitrücken ist bei Röthenbach etwa 60 Meter mächtig, östlich
davon nur noch rund 30 Meter. Bei Arzberg ist er überhaupt nicht mehr vorhanden.
Stationen des Bergbaus in Arzberg im Überblick:
vor dem Mittelalter | altertümlicher Eisenbergbau in mit Reifen und Streu ausgebauten Schächten ("Reifenschächte") |
1339 | Die Nothaft auf Weißenstein (im Steinwald) belehnen Arzberger Einwohner mit Grundstücken im westlichen Bergbaugebiet des "Röthenbergs" |
um 1430 | Rückgang des Bergbaus aufgrund der Hussiteneinfälle/Böhmenkriege |
1456 | Der Arzberger Bürger Matl Kaiser erhält mehrere Tagwerk Acker am Röthenberg "und den Unnutz dazu" zu Lehen |
schon vor 1528 | Abbau der Erze in Stollen; Markgraf erlässt die Verordnung, dass bei Arbeiten in der Altung (bestehendes Bergwerk) der zehnte Teil des Gewinns (Zehent), bei Abbau in neuen Stollen der fünfte Teil an den Landesherren abzuführen ist |
16. Jhdt. | verschiedene Bergrechtsverleihungen urkundlich nachweisbar, z.B. 1561 ("St. Lorenz"), 1575 ("Auf der Platzen"), 1578 ("Beschert Glück"), 1586 (Hammermeister Friedrich Holl von Creußen mutet mehrere Arzberger Erzfelder) |
1618-1648 | Verfall des Bergbaus als Folge des Dreißigjährigen Krieges |
1670 bis Mitte 18. Jhdt. | Kurzzeitiger Aufschwung des Bergbaus unter Benedikt Beuthner und Christoph Weller. Aus dieser Zeit werden zahlreiche Gruben in Betrieb genannt. |
1770 | In einem General-Befahrungsbericht (23. August 1770) ist zu erkennen, dass selbst reiche Gruben "in Fristen" gehalten werden, d.h., dass in diesen mit Genehmigung des Bergamtes auf kürzere Zeit aus triftigen Gründen nicht abgebaut wird (so auch die Grube Morgenstern, da der St. Georgstollen fast völlig verbrochen ist. |
1792-1860 | Neue Blüte während und Nachblüte nach preußischer Verwaltung. Viele ältere Gruben werden wieder in Betrieb genommen. |
um 1900 | Nochmaliger kurzer Aufschwung |
vor 1914 | Stilllegung der letzten Bergwerke |
1937-1941 | Letzter Bergbaubetrieb auf der Zeche "Kleiner Johannes". |
Schmidtill nennt im Arzberg-Röthenbacher Revier in der Zeit der Anwesenheit Humboldts (1794) die folgenden Gruben (vgl. untenstehende schematische Karte):
Südlicher Erz-/Marmorzug:
- Goldkammer
- Silberkammer
- Morgenstern
- Segen des Herrn
- Heilige Drei Könige
- Vergnügte Gesellschaft
- Sophien Glück
- Sophien Friedrichs-Glück
- Abendstern
- Beständigkeit
- Beständigkeits-Maßen
- Regina Glück
- Erzengel Michael
- Weißer Hirsch
- Anna Christiana
- Hülfe Gottes
- Geschlossene Gesellschaft
- Carlsburg
- St. Paulus
- Wellersberg
- Gabe Gottes
- Kleiner Johannes
Die wichtigsten Eisenerzgruben in der Mitte des 19. Jahrhunderts
Susannen Glück mit Gold- und Silberkammer
Die Gold- und Silberkammer war die bedeutendste Grube des Wunsiedler Gebietes überhaupt. Sie war wohl Mitte des 18. Jahrhunderts aufgenommen worden. Bis 1817 baute man nur bis zur Stollensohle des St. Georg-Erbstollens ab. Ab 1817 ging man mit Hilfe des in diesem Jahr erbauten und 1841 erneuerten Kunstrades auch unter die Stollensohle (bis 120 Meter unter Geländeoberfläche). Die Ausbeute an Eisenstein muss beträchtlich gewesen sein.
Die Grube war 1824 mit 50 Bergleuten belegt:
- 2 Steiger
- 16 Hauer
- 6 Karrenläufer
- 4 Anschläger
- 14 Haspelknechte
- 3 Zimmerlinge
- 2 Künstwärter
- 3 Wäscher.
Die Grube Morgenröte
Die Grube Morgenröte lag östlich von Arzberg links der Röslau zwischen Schlottenhof und Oschwitz. Die Ausdehnung der Grube war nicht allzu groß, doch baute man hier zwei Eistensteinzüge ab: den "gelben" und den "schwarzen". Beide streichen ONO-WSW und fallen steil mal nach Norden, mal nach Süden ein. 1834 begann man mit dem Abbau des Erzes auf der Grube. 1842/43 baute man auf dem gelben Zug ab. Das Erzlager war hier zwischen wenigen Dezimeter bis zu rund 4 Meter mächtig. Das Auffahren der Lagerstätte erfolgte u.a. über einen über 100 Meter langen Stollen, der von der Röslau zunächst bis zum Erzlager ging. Von diesem Stollen gingen die Abbaustrecken im Streichen des Erzlagers in Richtung ONO bzw. WSW. In Richtung ONO traf man auf alte Abbaue (Alter Mann). Die Wasserhaltung erfolgte über ein Tretrad und eine Saugpumpe. 1842/43 arbeiteten in der Grube 16, 1849/50 zehn Bergleute und 1850/51 nur noch neun Bergleute.
Segen des Herrn
Diese Grube lag bei Röthenbach (siehe Karte). Geologisch befand sich die Grube im südlichen der beiden Marmorzüge. Die Eisenstein-Erzlager lagen beiderseits des steil einfallenden Marmors. Begonnen wurde der Abbau 1829 durch einen Schacht an der westlichen Grubengrenze. 1830 wurde ein Stollen aus der westlich angrenzenden Heilige-Drei-Königs-Zeche in das Segen-des-Herrn-Grubenfeld vorgetrieben. In der Grube arbeiteten in den Jahren 1846-1851 zwischen neun und elf Bergleute.
Heilige-Drei-Königs-Grube
Die Heilige-Drei-Könige-Grube lag randlich, teils bereits im Dorf Röthenbach. Sie grenzt westlich an die Grube Segen des Herrn. Sehr häufig traf man beim Abbau auf Alten Mann, demnach ein Zeichen, dass auf diesem Erzlager schon ein früherer Abbau umging. Erwähnt wird die Grube bereits 1728. Bis 1798 wurde in der Grube mit Unterbrechungen gearbeitet, danach fiel sie ins Freie, um 1815 über einen Stollen wieder in Betrieb genommen zu werden. 1818 wurde eine Wasserkunst bestehend aus Handpumpen und Treträdern eingebaut, mit deren Hilfe man mit dem Abbau rund 20 Meter unter das Niveau des Stollens gehen konnte. Da Lage des Abbaus in Richtung Westen nicht allzu tief lag, kam es in der Folge zu Schäden an den über den Abbauen liegenden Gebäuden, so dass der Bergbau im westlichen Teil der Grube eingestellt wurde.
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Die in den Jahren 1849 - 1851 in Betrieb befindlichen Gruben im Revier Arzberg-Röthenbach und ihre
Fördermengen1)
ARZBERG
1849/50: | |||
Name | Belegung | Förderung | Wert |
Morgenröte | 10 Mann | 1.697 Seidel*) | 2.376 fl. |
Albertine | 5 Mann | 707 Seidel | 848 fl. |
Carlsburg | 2 Mann | 314 Seidel | 188 fl. |
Gabe Gottes | 3 Mann | 136 Seidel | 102 fl. |
Großer Christoph | 5 Mann | 840 Seidel | 560 fl. |
Hilfe Gottes | 3 Mann | 491 Seidel | 368 fl. |
Johann Heinrich | 4 Mann | 559 Seidel | 559 fl. |
Lindig | 4 Mann | 441 Seidel | 573 fl. |
1850/51: | |||
Name | Belegung | Förderung | Wert |
Morgenröte | 9 Mann | 1.286 Seidel | 1.800 fl. |
Carlsburg | 2 Mann | 302 Seidel | 181 fl. |
Gabe Gottes | 3 Mann | 473 Seidel | 354 fl. |
Großer Christoph | 5 Mann | 926 Seidel | 617 fl. |
Hilfe Gottes | 3 Mann | 475 Seidel | 356 fl. |
Johann Heinrich | 4 Mann | 559 Seidel | 559 fl. |
Kleiner Johannes | 4 Mann | 281 Seidel | 187 fl. |
*) 1 Eisensteinseidel = 8.050 Nürnberger Kubikzoll, entspricht durchschnittlich 3,5 Zentner (= 175 kg). Das Gewicht ist abhängig von der Qualität des Erzes.
RÖTHENBACH
1849/50: | |||
Name | Belegung | Förderung | Wert |
Gold-und Silberkammer | 36 Mann | 3.393 Seidel | 4.750 fl. |
Segen des Herrn | 11 Mann | 1.920 Seidel | 2.496 fl. |
Heilige-Drei-Könige | 20 Mann | 3.340 Seidel | 4.676 fl. |
Morgenstern | 4 Mann | 666 Seidel | 666 fl. |
St. Matthäus | 3 Mann | 337 Seidel | 404 fl. |
Sophien Friedrichs Glück | 3 Mann | 567 Seidel | 425 fl. |
Wellersberg | 4 Mann | 551 Seidel | 275 fl. |
1850/51: | |||
Name | Belegung | Förderung | Wert |
Gold-und Silberkammer | 29 Mann | 2.760 Seidel | 2.760 |
Segen des Herrn | 9 Mann | 1.242 Seidel | 1.490 fl. |
Heilige-Drei-Könige | 23 Mann | 3.240 Seidel | 4.536 fl. |
Morgenstern | 4 Mann | 373 Seidel | 373 fl. |
St. Matthäus | 9 Mann | 1.332 Seidel | 1.598 fl. |
Sophien Friedrichs Glück | 3 Mann | 326 Seidel | 254 fl. |
Beständigkeit | 3 Mann | 75 Seidel | 75 fl. |
1) Angaben nach Schmidtill, E. (1963): Zur Geschichte des Eisenerzbergbaus im südlichen Fichtelgebirge. - Die Plassenburg (Schriften für Heimatforschung und Kulturpflege in Ostfranken), 18: 249 S.; Kulmbach.
Niedergang des Bergbaus
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts geht die Bedeutung des Eisenerzbergwerkes im gesamten Wunsiedler Revier deutlich zurück, nach 1860 kommt dieser jedoch fast vollständig zum Erliegen. Zwar arbeiten um 1855 im östlichen Revier von Arzberg noch 11 Zechen mit rund 150 Bergleuten und im Revier Röthenbach in 9 Zechen noch rund 118 Arbeiter, doch geht es danach mit dem Bergbau rasch bergab. Die Gründe dafür sind u.a. das Fehlen von Abnehmern und die starke Einschränkung der Holzabgabe aus den drastisch aufgelichteten Wäldern. Hinzu kommen immense Probleme mit der Wasserhaltung in den Bergwerken. Das Wunsiedler Revier kann mit der Konkurrenz des englischen und rheinischen Eisens daher nicht Schritt halten, so dass Bergwerke, Hütten- und Hammerwerke ihren Betrieb einstellen müssen.
Bild 1: Das Gelände der heutigen Naturpark- und Geopark-Infostelle "Altes Bergwerk Kleiner Johannes" mit Maschinenhaus (links) und Förderturm (rechts), etwa um 1949.
Bild 2: Das Gelände heute.
Zeche Kleiner Johannes
1861 übernimmt die "Prager Eisenindustrie-Gesellschaft" eine Anzahl an kleineren Zechen im östlichen Revier und führt sie unter dem Namen "Zeche Kleiner Johannes" zusammen. Da durch die Industrialisierung und den Bau des Eisenbahnnetzes in Bayern der Eisenbedarf stark ansteigt, werden die Eisenherstellung und der Abbaubau im Arzberger Revier wieder lohnenswert. Die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft lässt sogar vier Röstofen in Arzberg bauen.
1894 übernehmen die Arzberger Bürger Weiß und Peuschel die Zeche, doch muss der Betrieb 1905 wiederum eingestellt werden, da alle Erze oberhalb einer Tiefe von 75 Metern abgebaut sind. Aufgrund der starken Wasserführung im Wunsiedler Marmorzug ist ein tieferer Abbau zu dieser Zeit noch nicht möglich.
br> 1937 wird das Bergwerk mit der Säuberung des Marienschachtes wird aufgewältigt (= wieder in Betrieb genommen). Der Schacht wird auf 82 Meter abgeteuft, abgebaut wird in einer Tiefe zwischen 45 und 82 Metern. Man baut das in Linsen vorkommende Eisenerz nahezu vollständig ab. 1941 wird die Grube mangels weiterer Erzvorkommen geschlossen.
Lesen Sie hier einen Auszug eines Aufsatzes von Kurt Röder, leitender Ingenieur in der letzten Phase des Betriebes der Zeche Kleiner Johannes aus dem Jahr 1942.