HAIDBERG / Zell im Fichtelgebirge
Humboldt und der Magnetberg
"Auf einer geognostischen Tour, welche ich mit zween Freunden, Herrn Münzmeister Gödeking und Herrn Oberbergmeister
Killinger durch das Oberpfälzische und angränzende Gebirge machte, stieß ich auf eine Gebirgskuppe von Serpentinstein,
dessen Fallungswinkel ich mit der Bussole bestimmen wollte. Kaum näherte ich dieselbe dem anstehenden Gestein, so sah ich den Südpol
meiner Magnetnadel mit Heftigkeit aus ihrer Lage und in den wahren Norden gerissen [...] Einzelne Punkte sind so magnetisch, daß sie in
einer Entfernung von 22 Fuß die Magnetnadel aus ihrer natürlichen Lage reissen. Welchen Bestandteil des
Serpentinsteins adhäriert aber jene wunderbare magnetische Kraft? Das ist eine Frage, die sich einem von selbst aufdringt".
So beschreibt Alexander von Humboldt die Entdeckung der besonderen magnetischen Eigenschaft der Gesteine am Haidberg in einer Veröffentlichung im
"Intelligenzblatt der Allgemeinen Jenaer Literaturzeitung" (Nr. 169) bereits im Dezember 1796. In einem Brief vom 14. November 1796 an Carl Freiesleben heißt es sogar:
"Ich eile Dir zu melden, mein guter Karl, daß ich die größte Entdeckung meines Lebens gemacht. [...] habe eine ganze Gebirgsmasse entdeckt, welche
eine ungeheure magnetische Polarität zeigt."
Mit dieser Entdeckung gilt Alexander von Humboldt als einer der Entdecker der natürlichen Magnetisierung von Gesteinen. Zu seiner Zeit gab es allerdings noch
keine Möglichkeit, die für die Magnetisierung verantwortlichen Mineralien (u.a. Magnetit, Fe3O4) zu identifizieren. Das gelang erst mit der
Entwicklung geeigneter Mikroskope im 19. Jahrhundert.
Neue Entdeckung: Anzeige für Physiker und Geognosten
Bereits in der Dezember-Ausgabe 1796 des Intelligenzblattes der Allgemeinen Literaturzeitung erscheint eine mit "F.A. v. Humboldt" gezeichnete "Anzeige für Physiker
und Geognosten" mit dem hier nachlesbaren Text. Dieser entspricht im Wesentlichen dem Text,
den Humboldt in dem oben genannten Brief an Carl Freiesleben verfasst und besonders gekennzeichnet hatte. Humboldt bat Freiesleben, den Text schnellstmöglich unter dessen Namen
zu verbreiten und schlug dafür das "Bergmännische Journal" vor. Humboldt schlug vor:
[...} Du könntest ja den Brief so anfangen: H.v.H[umboldt] meldet mir, daß er auf einer Reise durch das oberpfälzische und angrenzende Gebirge eine Entdekkung gemacht,
die für die Geognosie ebenso wichtig als für die allgemeine Naturlehre...".
Humboldt benennt in dem besagten Brief an Freiesleben nicht den Fundort, obwohl er schreibt: "Den Ort will ich Dir, aber Dir allein genau angeben, wenn Du mir
unverbrüchliches Stillschweigen versprichst". Humboldt nennt Freiesleben den genauen Ort erst in einem in Weimar abgefassten Brief vom 18. April 1797:
"[...] Der Magnetberg (Haidberg, aber nenne ihn ja niemand, bei Gefrees, denn bis Jun[ius 17]97 halte ich ihn geheim, die Bergleuthe haben schon 150 f. damit gewonnen)
besteht aus ächtem, auf der Oberfläche weiß verwitternden, mit Aimant gemengtem, lauchgrünem Serpentin [...]"
Mit Brief vom 21. Dezember 1796 übersendet Humboldt seinem "Verehrungswerthen Lehrer" Abraham Gottlob Werner unter anderem eine Gesteinsprobe des Magnetberges. Er schreibt:
"[...] ist von der merkwürdigen Gebirgskuppe, welche ich in der beiliegenden Anzeige beschrieben und welche ich am 14tn Nov[ember] entdeckt habe. Sie sind der erste
Mineraloge, welcher diese Seltenheit besitzt. Wem aber hätte ich dieselben auch früher anbieten sollen als Ihnen, dem ich für meine wisschenschaftliche Kultur so
unendlich viel verdanke."
Der Haidberg aus heutiger Sicht
Der Serpentinit des Haidberges gehört geologisch in die Phyllit-Prasinit-Serie der sogenannten Münchberger Masse. Diese stellt eine aus mehreren tektonischen
Decken zusammengesetzte fernüberschobene Gebirgsmasse dar. Die Phyllit-Prasinit-Serie ist die unterste Deckeneinheit.
Das Serpentinit-Gestein besteht aus unterschiedlichen Serpentinmineralen, das sind Schichtsilikate mit der
Formel(Mg,Fe,Ni)6Si4O10(OH)8, wobei die Elemente Mg/Fe/Ni in unterschiedlichen Anteilen vorkommen. Die Serpentinminerale sind
durch Umwandlung aus den Mineralen Olivin, Pyroxen und Amphibol hervorgegangen. Neben den Serpentinmineralen kommt häufig Magnetit vor (Fe3O4),
der für den Magnetismus des Gesteins verantwortlich ist.
Das Ausgangsgestein für den Serpentinit ist Peridotit, der dem lithosphärischen Erdmantel entstammt. Die Serpentinisierung erfolgt bei relativ niedrigen Temperaturen von
300 - 500 °C am Übergang der ozeanischen Kruste zum Erdmantel.
Alexander von Humboldt beschreibt die magnetische Wirkung des Serpentinits, die sehr deutlich die Kompassnadel beeinflusst. Dabei schreibt er richtig die magnetische Wirkung dem
Gestein zu. Dabei stellt er bereits die Frage, ob "der Serpentinstein mit magnet[ischem] Eisenstein [Magnetit] durchzogen" ist. Humboldt stellt auch die (teils
unterschiedliche) Polarität der Magnetisierung im Gestein fest. Eine solche Polarität ist ihm vom Magnetit nicht bekannt. Diese lässt sich mit den damaligen Messmöglichkeiten
tatsächlich auch nicht nachweisen. Die starke Magnetisierung der Serpentinite musste daher eine "im Gestein ruhende" Ursache haben.
Heute ist bekannt, dass Gesteine, die Magnetit enthalten, eine schwache Magnetisierung dadurch erhalten, dass sich beim Überschreiten der Curie-Temperatur von 578 °C die
Magnetisierung im Erdmagnetfeld der Erde ausrichtet. Diese gerichtete Magnetisierung ist heute Grundlage, um die ehemalige Ortslage von Gesteinen zur Zeit ihrer
Magnetisierung zu ermitteln ("Paläomagnetismus"). Durch "Einfrieren" der Inklinaton der magnetischen Feldlinien im Gestein lässt sich so bestimmen, auf welchem Breitengrad
die Magnetisierung erfolgt ist.
Diese natürliche Magnetisierung der Gesteine ist i.d.R. zu schwach, um sie mit einem Kompass feststellen zu können. Am Haidberg ist zudem festzustellen, dass die Polarität als
auch die Intensität der Magnetisierung sehr unterschiedlich sein kann. Geophysiker gehen daher davon aus, dass die Magnetisierung des Serpentinits durch Blitzschläge
hervorgerufen wurde. Diese beträgt ein Vielfaches der natürlichen Magnetisierung. Das Signal kann bis zu 10.000 Jahre im Gestein erhalten bleiben.*
Literatur: Gustav Angenheister (1973): Die Interpretation der magnetischen Störfelder (Anomalien) von mehreren Serpentinit-Körpern in fünf Arealen im Westen der
Böhmischen Masse. ─ Geologica Bavarica, 67: 35-63; München (Bayerisches Geologisches Landesamt).
Machen Sie Ihr eigenes Experiment
Wenn Sie einen Kompass besitzen, dann nehmen Sie in mit zum Haidberg. Halten Sie ihn an mehreren Stellen an das Gestein. Vor allem am Eingang zum
ehemaligen Steinbruch finden sich in der Mauerung des Tores einige magnetische Serpentinite. Sollten Sie am Wegesrand einen Serpentinit finden, dann halten
Sie diesen an den Kompass. Reagiert die Magnetnadel, bewegen Sie das Gestein zuerst langsam, dann schneller am Kompass vorbei. Mit etwas Geschick können Sie die
Magnetnadel ins Schwingen bringen, im besten Fall sogar zum Kreisen. Bitte beachten Sie, dass der Haidberg unter Naturschutz steht, und schlagen Sie keine
Gesteine aus dem Anstehenden heraus.
TIPPS
Wanderung entlang des Naturkundlichen Wanderweges über den Haidberg
Über den Haidberg führt ein gut begehbarer Rundwanderweg, der Humboldtweg. Einige Informationstafeln informieren über die geologischen und botanischen
Besonderheiten des Höhenrückens. Gesamtlänge 2,5 Kilometer.
Wanderung entlang des Humboldtweges über den Haidberg und zur Saalequelle
Der rund zehn Kilometer lange Rundwanderweg führt über den Haidberg, Teufelsbrunnen, Walpenreuth, Tannenreuth, den Münchberger
Stadtwald, die Bürgerruh, Ruppertsgrüner Weg nach Zell und von dort zurück zum Haidberg.
Saalequelle im Münchberger Stadtwald/Waldstein
Die (Sächsische) Saale entspringt einem ehemaligen Bergwerk, über das bereits Alexander von Humboldt ein Gutachten verfasst hat. Um es zu erreichen, fahren Sie
nach Zell. Im Ort biegen Sie am Ende der Straße nach rechts Richtung Gefrees. Etwa 100 Meter nach den letzten Häusern nach links abbiegen und der Ausschilderung
folgen. Nach ca. 1,5 Kilometern liegt im Wald ein Parkplatz, von dem aus die Saalequelle nach 400 Metern gut zu erreichen ist.
Hier finden Sie die Lage der Saalequelle im Bayernatlas.
Oberfränkisches Bauernhofmuseum Kleinlosnitz
Das Bauernhofmuseum Kleinlosnitz bietet Ausstellungen und Veranstaltungen sowie eine Gaststube mit Biergarten im Oberen Hof,
die während der Öffnungszeiten des Museums oder nach Anmeldung geöffnet ist.
Kontakt Museum Hier öffnen
Kontakt
Markt Zell im Fichtelgebirge
Bahnhofstraße 10
95239 Zell im Fichtelgebirge
Telefon (0 92 57) 94 20
Fax (0 92 57) 9 42 92
E-Mail: info(at)markt-zell.de
Internet: www.markt-zell.de
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Hinweis: Bis 1983 wurde am Haidberg Serpentinit in einem großen Steinbruch abgebaut. Der Steinbruch ist heute ein wertvolles Biotop und ist daher nicht öffentlich zugänglich. An den steilen Wänden besteht Lebensgefahr.
Steckbrief
Die Infotafel unter den Bäumen an der Zufahrt zum Wohnmobilstellplatz in Zell im Fichtelgebirge.Haidbergstraße 25, 95239 Zell i. Fichtelgebirge GPS: 50.133372, 11.812633
Parken: Parkplätze stehen dort ausreichend zur Verfügung. Humboldt-Orte und Ziele in der Nähe:
- Haidberg mit Haidberggipfel (Steinbruch nicht betretbar)
- Wanderung entlang des Humboldtweges über den Haidberg und zur Saalequelle (ca. 10 km)
- Oberfränkisches Bauernhofmuseum Kleinlosnitz
- Waldsteingipfel mit sehenswerten Granitfelsen
QR-Code für die GPX-Daten zum Humboldt-Rundwanderweg (ca. 10 km) und zum Naturlehrpfad über den Haidberg (2,5 km).