BISCHOFSGRÜN
Humboldt und die Perlen
Alexander von Humboldt besucht Bischofsgrün bzw. den Fröbershammer erstmals am 21. Juli 1792. Er notiert in seinem Inspektionsbericht, dass es dort zwei Frischfeuer,
einen Zainhammer (für die Nagelschmiede) und eine Knopfhütte gibt. Der Knopfhütte widmet er besondere Aufmerksamkeit.
Humboldt führt aus, dass die Knopfhütte nur in fünf Wintermonaten betrieben wird und dem Kommerzienrat Loewel gehört.
Aus dem Hinweis, dass man "die Arbeiter [im Sommer]
zum Holzhauen und zur Feldwirtschaft braucht" geht hervor, dass die einheimischen Bauern die Arbeit in der Knopfhütte verrichteten. Zum Zeitpunkt seines Besuches (Juli) wurde in der
Knopfhütte jedoch wohl nicht gearbeitet. Humboldt hat sich demnach die Knopfhütte vor Ort ausführlich schildern lassen.
Als Rohstoff für die Glasknöpfe - die Batterlessteine / Paterle -
nennt Humboldt einen Grünstein mit wenig Feldspat und vieler innig beigemengter Hornblende von Schneeberg und Ochsenkopf. Er selbst habe das Gestein noch nirgends
im Lande anstehend gefunden", es liege dort "in Butzen umher".
Bei dem von Humboldt angsprochenen Gestein handelt es sich um ein vulkanisches Gestein, dass in einer rund 5 Kilometer langen und bis zu 20 Meter breiten NNW-SSO-verlaufenden Förderspalte
quer durch den Ochsenkopf vorkommt, den sogenannten Proterobas. Vorkommen am Schneeberg gibt es allerdings nicht.
Humboldt berichtet über das Schmelzen des Gesteins, den Knopfofen sowie das Arbeiten am Ofen. Am Ofen arbeiten 25 Mann (!) vor je einer Öffnung und
zogen die geschmolzene Masse (das Glas) mit einer langen Zange ("Kluft" bei Humboldt, auch "Kluppe" genannt) aus dem im Ofen stehenden Schmelztiegel, um es anschließend (durch Drehen) zu "modeln".
Hergestellt werden im Jahr Knöpfe im Wert von 4.000 - 5.000 Gulden. Bei einem Preis von 6 Kreuzer je "Schnur" mit je 20 Dutzend Knöpfen sind dies ... Knöpfe.
Die schwarzen Proterobas-Knöpfe wurden mit Emailfarbe bemalt und anschließend die Farbe eingebrannt. Als Farbstoffe wurden verwendet: weiß - Brauneisenstein mit Arsenikkalk,
gelb - Birkenkohle, blau - Smalte (mit Kobald gefärbetes Kaliumsilikatglas).
Humboldt berichtet, dass Glasknöpfe bereits seit 200 bis 300 Jahren in der Region hergestellt werden und ihren Ursprung in "in der Warmen Steinach" - also in Warmensteinach - hat.
Derzeit gäbe es im Bayreutherischen fünf Fabriken, die ihre Erzeugnisse nach Schlesien und Polen, teils für den "Sklavenhandel nach Afrika [?] geben."
Humboldt schließt seinen Bericht über die Knopfhütte mit einer Bemerkung zur Abwanderung von Arbeitern aus dem Bayreuther Fürstentum in die nahegelegee obere Pfalz und nach Böhmen:
"Bayreuther Arbeiter sind in die obere Pfalz und nach Böhmen übergelaufen und die Konkurrenz der dort neu angelegten Fabriken, die wohlfeileres [= günstigeres] Holz haben,
hat den Absatz vermindert und die Ware wohlfeiler gemacht."
Dies lässt erkennen, dass der Mangel an Holz in der Region wirtschaftliche Folgen hatte.
Der Fröbershammer
Humboldt berichtet auch über die Frischfeuer und den Zainhammer, die "vortrefflich eingerichtet" sind und "sehr gute Ware" liefern. Er merkt jedoch an, dass der
Verlust an Eisen durch das Frischen beträchtlich ist (3/8). Als wahrscheinliche Ursache benennt er das "Anlaufen" (siehe unten).
In einem Frischfeuer wird das Roheisen bei starker Hitze wieder aufgeschmolzen. Mit einem Blasebalg wird Luft über die Eisenschmelze geführt, um dem im
Eisen von der Herstellung noch vorhandenen Kohlenstoff zu verbrennen. Zwischendurch wird das flüssige Eisen immer wieder umgerührt. Ziel ist es, möglichst wenig Kohlenstoff im
Eisen zu haben, um es weniger spröde und damit gut schmiedbar zu bekommen. Das Frischen dauert 5 bis 6 Stunden.
Der von Humboldt verwendete Begriff des "Anlaufens" ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass man das Eisen mit einer Stange unter Drehen aus der flüssigen Schmelzmasse herausgenommen hat.
Während des Drehens setzte sich das Eisen an der Stange fest. Anschließend wurde es abgeschreckt und geschmiedet. Dann wurde das Eisen wieder in die Schmelzmasse gehalten und die nächste
Schicht lagerte sich an. Der Vorgang wurde so lang fortgesetzt, wie sich das Eisen schmieden ließ und dem Schmied nicht zu schwer. Am Grund des Ofens setzte sich das minderwertige "Theileisen" ab.
Durch das Schmieden werden noch vorhandene Schlackenreste aus dem Eisen entfernt.
Das Frischen des Eisens ist ein sehr viel Energie verbrauchender Vorgang. Humboldt berichtet, dass je Frischfeuer am Fröbershammer je Woche 42 Zentner Eisen gefrischt werden,
wobei dafür 84 Kübel Holzkohlen verbraucht wurden. Hierzu benötigte man 17 bis 21 Klafter Holz (ganz grob 1 Klafter Holz = 3 Kubikmeter).
Für beide Frischfeuer waren das pro Woche rund 102 bis 126 Kubikmeter Holz!
Lesen Sie hier den gesamten Text
Humboldts über die Frischfeuer und den Zainhammer zu Bischofsgrün. Es sei hier als Beispiel der von ihm verwendeten Fachtermini und Darstellungsweise aufgezeigt.
TIPP
Siebenstern-Wanderwege zu den Proterobas-Steinbrüchen
Wandern Sie ab Fichtelberg einen der "Siebenstern"-Wege. Die Teilwege "Steinweg" und besonders der "Bergwerksweg" führt Sie zu den aufgelassenen Steinbrüchen auf der Südseite
des Ochsenkopfes.
Glaswanderweg
Der Glaswanderweg ist ein industriehistorisch interessanter und naturräumlich reizvoller Themenwanderweg mit einer Länge von 42 Kilometern zwischen Weidenberg und Bischofsgrün. Er ist in die Abschnitte
- Weidenberg - Sophienthal - Zainhammer
- Zainhammer - Warmensteinach - Grünstein
- Grünstein - Neugrün - Fichtelberg - Karches
- Karches - Bischofsgrün
Waldglashütte am Ochsenkopf
Archivalische Notizen aus dem 17. Jahrhundert beschreiben eine „Glas- und Knopfhütte am Fichtelberg“, entlegen an der Landesgrenze zwischen den Fürstentümern Brandenburg-Kulmbach und Obere Pfalz. Archäologische Ausgrabungen unter Trägerschaft der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth e. V. zwischen 2004 und 2006 haben die Relikte der alten Proterobas-Glashütte wieder zum Vorschein gebracht. Die begleitenden archäologischen Untersuchungen sind ein allererster Schritt hin zu einer wissenschaftlichen und interdisziplinären Aufarbeitung der Siedlungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Kunstgeschichte im zentralsten deutschen Mittelgebirge.
Die am südlichen Hang des Ochsenkopfes im heutigen Landkreis Bayreuth ausgegrabene Glashütte lässt sich weit zurückverfolgen. Lorenz Glaser bittet 1616 um die Genehmigung zur Errichtung einer neuen Hütte auf oberpfälzischen Grund an der Mooslohe. Der Standort zwischen Proterobas- und Quarzitgängen an dem aus den Kalten Brunnen fließenden Bächlein ist ideal gelegen.
Die Waldglashütte erreichen Sie am besten vom Parkplatz nahe der Bleaml-Alm auf dem Forstweg Richtung Ochsenkopf. An der ersten Abzweigung (ca. 400 Meter nach Eintritt in das Waldgebiet) nach rechts und dem Forstweg noch etwa 200 Meter folgen.
Kontakt
Kur- und Tourist Information Bischofsgrün
Jägerstraße 9 (im Kurhaus)
D-95493 Bischofsgrün
Telefon (0 92 76) 12 92
Fax (0 92 76) 5 05
E-Mail: touristinfo(at)bischofsgruen.de
Internet: bischofsgruen.de
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